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Beschwerde nach Potsdam
Nachricht von:
Christian Worch
Hamburg, den 13. Februar 2006
BESCHWERDE NACH POTSDAM
Liebe Kameradinnen und Kameraden,
die Staatsanwaltschaft Potsdam hat dieser Tage die Strafanzeigen gegen die Kreuzungsblockierer der Halbe-Demonstration eingestellt. Die Medien berichten darüber wie folgt:
(Zitat Beginn)
POTSDAM Die Blockade eines rechtsextremen Aufmarsches in Halbe (Dahme-Spreewald) im vergangenen November hat keine juristischen Konsequenzen. Die Potsdamer Staatsanwaltschaft lehnte gestern die Aufnahme von Ermittlungen ab. Begründung: Es gebe keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine verfolgbare Straftat.
Zuvor waren mehr als 150 Strafanzeigen von Rechtsextremisten wegen "Versammlungssprengung" und "Nötigung" bei der Ermittlungsbehörde eingegangen. Wegen einer spontanen Blockade von 2200 Gegendemonstranten mussten die rund 1600 Rechtsextremen am 12. November 2005 ihren Marsch zum größten Soldatenfriedhof Deutschlands in Halbe abbrechen, auf dem rund 23.000 Opfer des Zweiten Weltkriegs begraben sind. Namentlich beschuldigt wurden damals SPD-Bundesgeschäftsführer Martin Gorholt, SPD-Fraktionschef Günter Baaske, Agrarminister Dietmar Woidke (SPD), der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und die Landtagsabgeordnete Karin Weber (Linkspartei). Sie seien dafür verantwortlich, dass der vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg genehmigte "Heldengedenkmarsch" von Gegendemonstranten blockiert wurde, so der Vorwurf. Initiiert wurde der Protest von dem Hamburger Neonazi Christian Worch.
In der Begründung der Staatsanwaltschaft heißt es, dass die genehmigte Demonstration der Rechtsextremen zwar durch das Grundgesetz geschützt sei - das allerdings gelte auch für die genehmigte Gegendemonstration. Da die Polizei die Blockadeaktion nicht aufgelöst habe, sei das Verhalten der Gegendemonstranten "nicht verwerflich" gewesen. "Das Versammlungsgesetz regelt nicht das Verhältnis verschiedener, nicht verbotener Versammlungen", heißt es in der Begründung weiter. Es schütze lediglich die Versammlungsfreiheit "vor Gefährdungen durch Außenstehende".
Ein Freibrief für künftige Blockadeaktionen ist die Reaktion der Staatsanwaltschaft jedoch nicht. Sie weist ausdrücklich darauf hin, dass die Ablehnung der Anzeigen "nur der hier gelagerten besonderen Situation" geschuldet sei. "In zukünftigen Fällen kann sich dies anders gestalten, insbesondere dürfte mit Auflösungsverfügungen zu rechnen sein, deren Nichtbefolgung strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann", so die Warnung der Ermittler.
Die Rechtsextremen planen für den 11. März zwei neue Aufmärsche in Halbe. Ein lokales Aktionsbündnis gegen Rechts hat bereits zu Gegen-Aktionen aufgerufen.
Märkische Allgemeine vom 10.02.2006
(Zitat Ende)
Mir liegt DIESE Einstellung noch nicht vor, aber die Staatsanwaltschaft schickte mir die Einstellung der parallel eingelegten Strafanzeige gegen den Einsatzleiter der Polizei. Begründung im Grunde genommen wie oben: Die „Demonstranten“ (richtig: Blockierer) auf der Kreuzung hätten keine Straftat begangen; also konnte der Einsatzleiter auch keine „Strafvereitelung im Amt“ begehen.
Natürlich habe ich dagegen Beschwerde eingelegt.
Die Beschwerdebegründung lautet:
(Zitat Beschwerdebegründung)
Sehr geehrte Damen und Herren,
in obiger Angelegenheit lege ich gegen den Bescheid vom 2. Februar 2006 hiermit Beschwerde ein.
Begründung:
Der Bescheid mißverkennt die Wirkung von § 21 VersG.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Straßenblockierer eine Demonstration durchgeführt haben; diese war jedenfalls nicht privilegiert im Sinne von Art. 8 GG, weil sie nicht „friedlich“ im Sinne von Art. 8 GG war. Sie war deshalb nicht friedlich, weil ihr erklärtes und erkennbares Ziel nicht die Kundgabe einer Meinung oder sonst ein demonstratives Anliegen war, sondern die Behinderung der Demonstration des Herrn Jacobs. Die Staatsanwaltschaft hat es also unterlassen, zwischen friedlichen und unfriedlichen Demonstrationen zu unterscheiden und versucht, auch eine unfriedliche Demonstration mit dem gleichen Privileg auszustatten wie eine friedliche.
Dies aber ist vom Grundgesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt gewesen, wie die Verwendung des Wortes „friedlich“ in Art. 8 GG dokumentiert.
Damit lag sehr wohl strafbares Verhalten seitens der Kreuzungsbesetzer vor und mithin eine Strafvereitelung im Amt durch den oder die zur Verfolgung der strafbaren Handlung berufenen Polizeibeamten.
Die Beschwerde ist mithin begründet.
Anzeigeerstatter, Geschädigter und Beschwerdeführer:
Christian Worch
(Zitat Ende)
Eine Bewertung:
Natürlich möchte die Staatsanwaltschaft nicht, daß die durch die Medien namentlich bekannten Gutmenschen, die in politisch erwünschter, aber nun mal illegaler Weise unseren Demonstrationszug zum Friedhof verhindert haben, gerichtlich belangt werden. Also versuchen sie es mit einer Art Kunstgriff. Motto: Die Polizei hat die Versammlung nicht aufgelöst, also stand sie unter grundrechtlichem Schutz, also konnte sie nicht strafbar sein. Das ist natürlich Unsinn. Aber es ist ein weiterer Versuch, das Versammlungsrecht dem eigentlichen rechtichen Rahmen zu entziehen und es in die Beliebigkeit der Polizei zu stellen.
Ich bitte daher alle, die Strafanzeigen gegen die Blockierer gestellt haben, auf die zu erwartenden Einstellungsbescheide der Staatsanwaltschaft hin Beschwerde zu erheben. Bitte beachtet die Beschwerdefrist von zwei Wochen. Ist dem Einstellungsbescheid keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt, läuft auch die Frist nicht. Anders als bei der Anzeige, die auch erstatten kann, wer nicht anwesend (und damit nicht betroffen) war, haben ein Beschwerderecht nur die, die an unserer Demonstration teilgenommen haben.
Die Beschwerde ist genauso wie die Strafanzeige selbst kostenlos.
Mit besten Grüßen
Christian Worch
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