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Betrifft: Antwort auf Fragenkatalog vom 30. November / 1.Dezember

Nachricht von:
Christian Worch

Hamburg, den 5. Dezember 2006

Betrifft: Antwort auf Fragenkatalog vom 30. November / 1.Dezember


In der Sache von Matthias Paul – Verdacht des Besitzes oder sogar der Verbreitung von Kinderpornographie – richtete ich am Donnerstag, dem 30. November, einen Fragenkatalog an die NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag und den Landesvorstand Sachsen der NPD. Die Übermittlung erfolgte abends per Telefax. Am Mittag des folgenden Tages schickte ich den Fragenkatalog über meinen Rundmailverteiler, woraufhin er anschließend auch in Netzwerkquellen wie „Altermedia / Stoertebeker-Netz“ oder dem „Nationalen Forum Sachsen“ zu lesen war. Die Frage, ob oder wann oder welche Antwort es geben würde, wurde vor allem in „Altermedia“ interessiert diskutiert.

Ich bekam eine Antwort bereits am Nachmittag des 1. Dezember per e-mail. Weil sie aber von Anrede und Inhalt her wie ein privater Brief (per e-mail) gestaltet war, fragte ich erst einmal nach, ob ich sie öffentlich machen dürfe oder privat behandeln solle. Der Absender der Antwort bzw. Adressat meiner Frage – Holger Apfel – war das Wochenende unterwegs und fand erst am Montag Zeit zu einer Antwort. Er schrieb, daß im Prinzip nichts gegen eine Veröffentlichung spräche, aber ihm sei es lieber, wenn ich den Inhalt punktuell da, wo ich die Informationen für wichtig hielte, mit meinen eigenen Worten wiedergeben würde. Einmal, weil es eben der Form nach ein privater Brief (per e-mail) war, und zum anderen deshalb, weil er jetzt die Antwort auch nicht als Einladung an Gott und die Welt ansehen möchte, ihm Briefe oder Fragenkataloge zu schicken. (Was ich vollauf verstehen kann – ich komme mit meiner Korrespondenz auch kaum nach, und ich muß mich nicht mit so trockenen und zeitaufwendigen Themen wie einem Landeshaushalt bzw. der parlamentarischen Haushaltsdebatte beschäftigen.)

Also ist es in Ordnung, wenn Holger mich da gewissermaßen in die Pflicht nimmt.

Ich gehe deshalb nicht auf alle Punkte ein, sondern nur auf die, die mir in der damaligen öffentlichen Darstellung durch Fraktion oder Landespartei ungeklärt und klärungsbedürftig erschienen.

Da waren einmal die Frage 1 bis 6, die Durchsuchungsbeschluß und Protokoll der Beschlagnahme betrafen. Matthias Paul ist nicht bereit, diese amtlichen Unterlagen zur Veröffentlichung zur Verfügung zu stellen. (Der Fraktion liegt nur eine Kopie des Beschlagnahmebeschlusses vor, die Materialien betreffen, die aus Matthias Pauls Büro im Landtagsgebäude mitgenommen worden sind. Diese Materialien sind auf den ersten Blick unverfänglich und können nicht als Bestätigung des Tatvorwurfs angesehen werden.)

Kommentar:
Daß Matthias Paul die Liste der in seinem Bürgerbüro und seiner Wohnung beschlagnahmten Gegenstände nicht öffentlich machen will, ist allerdings kein Indiz für seine Unschuld.

Ein weiterer Fragenkomplex (Fragen 7 bis 11) betraf das Buch des Aussteigers Nick Greger und die dort aufgestellte Behauptung, Matthias Paul habe als 19-jähriger eine (allerdings nicht strafbare) Beziehung zu einer 14-jährigen unterhalten und Angst gehabt, sie geschwängert zu haben.

Hierzu teilte Holger Apfel mit, daß er und die anderen Abgeordneten das Buch vor der öffentlichen Berichterstattung in den letzten Tagen nicht gekannt haben. Allerdings hat der Pressesprecher der Fraktion, Holger Szymanski, vor einiger Zeit einmal davon gehört und Matthias Paul darauf angesprochen. Matthias Paul hat Holger Szymanski gegenüber die Schilderung des Aussteigers Greger heftig bestritten und bestreitet sie noch heute. Es hat sich auch bis heute aus der regionalen Szene kein Zeuge für die ca. zehn Jahre zurückliegenden Vorwürfe gemeldet. Ebenso hatten die Angehörigen bzw. Mitarbeiter der Fraktion, die in den letzten zwei Jahren wegen seiner Fraktionszugehörigkeit sehr engen Kontakt mit Matthias Paul hatten, nie den Eindruck, er habe eine Vorliebe für extrem junge, also gewissermaßen seinem jetzigen Alter entsprechend unangemessen junge Mädchen.

Kommentar:
Inzwischen hat sich ja herausgestellt, daß dieses Buch des Aussteigers Greger auch in parteifreien Netzwerkquellen wie „Altermedia“ oder dem „Freien Widerstand“ diskutiert worden ist, ohne daß irgend jemand über die angebliche Geschichte mit dem 14-jährigen Mädchen „gestolpert“ ist. Obwohl ich selber häufig „Altermedia“ und den „Freien Widerstand“ lese, habe ich dieses Thema auch irgendwie „verschlafen“, weil ich die entsprechenden Diskussionen nicht gelesen habe. Daß Holger Szymanski die Sache Matthias Paul gegenüber angesprochen hat, ist auf jeden Fall schon einmal gut. Daß Matthias Paul damals – vor etwa einem Jahr oder so – nicht gegen diesen Bericht vorgegangen ist, wird verständlicher, wenn ihn offenbar so wenig Angehörige des Kameradenkreises kannten. Anders als vorher von mir gedacht, ist dies also nicht ein Indiz, das Matthias Paul sich negativ zurechnen lassen muß.

Frage 12 zielte darauf, ob die Fraktion – wenn sie könnte- die derzeitige liberale Handhabung, daß ein Mann von unter 21 Jahren geschlechtliche Beziehungen zu einem Mädchen unter 16, aber über 14 Jahren haben darf, auf die schärfere Fassugn zurückführen wollen würde, die vor 1994 galt. Diese Frage hat nicht die Fraktion, aber Holger Apfel als Privatmann mit ja beantwortet.

Kommentar: 
Diese Antwort ist für mich völlig zufriedenstellend, weil ich das genauso sehe. Ich muß aber einräumen, daß ich als Mann von 50 Jahren in der Hinsicht möglicherweise konservativer geprägt bin als viele jüngere Zeitgenossen.

Fragen 13 und 14 betrafen den Umstand, daß Fraktion und Landespartei Matthias Paul am Freitag, dem 24. November, zum Rücktritt von Amt und Mandat aufgefordert haben, aber erst am Montag, dem 27. November, dieses nicht unwichtige Detail – daß Matthias Paul nicht von sich aus zurückgetreten ist – öffentlich gemacht haben.

Die Antwort stellt darauf ab, daß Matthias Paul aus formalen Gründen am Freitag, dem 24. November, noch nicht zurücktreten konnte – er hatte sich dazu zwar bereit erklärt, aber der eigentliche Rücktrittsakt vom Mandat konnte erst am Montag, dem 27. November, stattfinden. Er hätte also noch das ganze Wochenende Gelegenheit gehabt, seine Entscheidung – auch unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Situation! -–zu überdenken. Das war für die Fraktion verständlicherweise eine nicht nur unangenehme, sondern geradezu gefährliche Situation. Denn wenn Matthias Paul sich am Montag, dem 27. November, nicht zum Rücktritt vom Mandat entschieden hätte, wäre eine sehr, sehr, unangenehme Lage eingetreten.

Kommentar:
Unter diesen Umständen ist verständlich, daß die Fraktion sich zunächst (am Freitag, dem 24. November) eher zurückhaltend geäußert hat, bis am Montag, dem 27. November, „Nägel mit Köpfen“ gemacht waren.

Frage 15 zielte darauf, ob an irgendeine Kompensation für Matthias Paul gedacht worden sei, falls er sich nach Abschluß eines gerichtlichen Verfahrens als unschuldig erweisen sollte.

Hieran ist unter anderem deshalb nicht gedacht worden, weil schon das Herunterladen von an sich nicht strafbaren Filmen pornographischen Inhalts einen strafbaren Verstoß gegen das Urheberecht darstellen dürfte.

Kommentar:
Darüber hinaus wird es sowohl innerhalb als außerhalb der Fraktion nicht mehr so furchtbar viele Menschen geben, die bereit wären, ihre Hand für Matthias Pauls Unschuld im Sinne des Vorwurfs der Staatsanwaltschaft ins Feuer zu legen. Weiter ausführen möchte ich das nicht, weil eine endgültige Be- oder Verurteilung natürlich dem Gericht obliegt und niemandem sonst von uns. Aber ich halte die Indizien für hinreichend schwer belastend.

Frage 16 betrifft Absichten bezüglich einer Gesetzesänderung (Verschärfung der Bestimmungen gegen Besitz und Verbreitung von Kinderpornographie), sollte die NPD auf Bundesebene einmal gesetzgeberische Kompetenz erlangen. Generell stimmte Holger Apfel zu, daß eine Verschärfung wünschenswert wäre, aber en Detail könne er der Neugestaltung des Strafgesetzbuches in einem nationalen Volksstaat natürlich nicht vorgreifen.

Kommentar:
Auch das ist völlig nachvollziehbar. Es war eher eine Frage theoretisch-perspektivischen Inhalts.

Zu Fragen 17 und 18 erfuhr ich, daß entgegen seiner früheren Ankündigung Matthias Paul auf Anraten seiens Anwalts keine weitere Erkärung mehr abgeben werde, um sich nicht möglicherweise zusätzlich zu belasten.

Kommentar:
Dies braucht meiner Meinung nach nicht kommentiert zu werden. Soweit das vorwerfbar ist, ist es natürlich ein Vorwurf, der nur Matthias Paul persönlich trifft und nicht Fraktion oder Landesvorstand. – Sollten sich die Vorwürfe gegen Matthias Paul, Kinderpornographie besessen oder gar verbreitet zu haben, erhärten, wird der Landesverband ein Ausschlußverfahren gegen ihn beantragen.

In eine Abschlußbemerkung warf ich die Frage auf, wie es denn sein könne, daß Matthias Paul – wenn er im Sinne des eigentlichen Vorwurfs unschuldig wäre und nur Verstöße gegen das Urheberecht begangen habe – von Amt und Mandat zurücktreten mußte, während der Abgeordnete Menzel auf die Landesliste gewählt worden ist, obwohl es gegen ihn eine Vorstrafe wegen Betruges gab. Hierzu erfuhr ich, daß die Vorstrafe des Abgeordneten Menzel wegen Betruges der Fraktion erst etliche Zeit nach dem Wahltermin durch Medienveröffentlichungen bekanntgeworden ist; Menzel hat diese bei seiner Aufstellung als Kandidat verschwiegen. Ob er der Partei vor seiner Aufstellung ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen mußte, weiß ich nicht. Aber auch das wäre kein Garantie, vorherige Bestrafungen eines Kandidaten immer zu erkennen. Denn es gibt im Zentralregistergesetz Löschungsfristen; sogar ich dürfte inzwischen wieder ein formal „sauberes“, sprich eintragungsfreies Führungszeugnis haben....

Alles in allem haben die Antworten die kleineren Unstimmigkeiten oder möglichen Widersprüche, die ich in den Erklärungen der ersten Tage nach Bekanntwerden der Angelegenheit gesehen habe, völlig ausgeräumt. 

Zusammenfassend kann daher gesagt werden:

Anders als in vielen früheren Fällen war in dieser politisch besonders unangenehmen Situation das Krisenmanagement der betroffenen Parteiorganisationen (Fraktion und Landesvorstand) aus der Sicht eines Außenstehenden kompetent und erfolgreich. Auch die Informationspolitik ist aus rückwirkender Sicht wegen der zeitweiligen Ungewißheit, ob Matthias Paul das Mandat niederlegen oder aus eigenem wirtschaftilchen Interesse die Fraktion weiterhin mit seine Anwesenheit im Landesparlament belasten werde, nicht zu beanstanden. In beiden Punkten ist die meiner Meinung nach so notwendige Vergrößerung der Transparenz des Handelns der betroffenen Parteiorganisationen deutlich feststellbar. 
Das halte ich für eine positive Entwicklung.

Hamburg, den 5. Dezember 2006
Christian Worch


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