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Klage Dortmund Verbot Erwiderung
Nachricht von:
Christian Worch
Hamburg, den 6.August 2009
Liebe Kameradinnen und Kameraden,
die Erwiderung der Polizei auf Klage und Aussetzungsantrag liegt vor. Da
ich keinen Scanner habe, kann ich sie dem fachlich interessierten
Publikum leider nicht öffentlich machen. Es ist nur soviel zu sagen, daß
die Polizei zwar zehn Seiten geschrieben hat, aber in so lockerem
Drucksatz, daß es effektiv kaum mehr als vier sind. Und natürlich trägt
sie nichts vor, was neu wäre.
Von hier aus ist darauf natürlich erwidert worden. Wie auch die
vorherigen Schriftsätze wird diese Erwiderung im vollen Umfang
öffentlich gemacht, ausgenommen Passagen, die Privatangelegenheiten von
Kameraden betreffen bzw. Namen, die noch nicht öffentlich bekannt sind;
die Auslassungen sind jeweils gekennzeichnet.
Zu lustigen Folgen führte auch der von mir gestellte Befangenheitsantrag
(Ablehnungsgesuch). Da habe ich das Gericht ein bißchen auf dem kalten
Fuß erwischt. Die Angelegenheit hat einen beinahe heiteren Aspekt; sie
wird Gegenstand einer separaten Rundmail. Einstweilen erst einmal für
die, die es interessiert, anliegend als Lektüre die Erwiderung auf die
Erwiderung.
Mit besten Grüßen
Christian Worch
Anlage:
Christian Worch Bleicherstraße 15
19370 Parchim
TEL: 0175 -- 246 58 54
e-mail: christian@worch.info
Christian Worch, Bleicherstraße 15, 19370 Parchim Parchim, den 3.
August 2009
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
14. Kammer
Bahnhofsvorplatz 3
45879 Gelsenkirchen
Eilangelegenheit --
Bitte sofort vorlegen
In der Sache
14 K 3088 / 09
sende ich zunächst anbei als Anlagen zur Klagschrift bzw. dem
Aussetzungsantrag (Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der
Klage)
Anlage 6
Für Gericht und Gegner
(diese Anlage betrifft eine Privatangelegenheit eines Kameraden und wird
daher im öffentlichen Teil der Klage nicht mit aufgeführt),
Anlage 7
Für Gericht und Gegner
Eidesstattliche Versicherung von Herrn Dennis Giemsch vom 27. Juli
(derzeit nur im Faksimile vorliegend, Original wird nachgereicht, sobald
hier verfügbar).
Anlage 8
Für Gericht und Gegner
Weitere Eidesstattliche Versicherung von Herrn Dennis Giemsch vom 27.
Juli (derzeit nur im Fasimile vorliegend, Original wird nachgereicht,
sobald hier verfügbar) über seine Wahrnehmung der Ereignisse vom 1. Mai
2009 in Dortmund.
Anlage 9
Für Gericht und Gegner
Schreiben der Staatsanwaltschaft Dortmund an Herrn (hier folgt im
Original der Name eines Aktivisten, der noch nicht öffentlich bekannt
ist und daher ausgelassen wird) bezüglich Einstellung des gegen ihn
geführten Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts des Landfriedensbruchs;
es ergibt sich aus dem Schreiben (letzter Absatz), daß es sich hierbei
umden Vorgang vom 1. Mai 2009 in Dortmund handelt.
Anlage 10
Für Gericht und Gegner
Pressemitteilung der Polizei Nienburg/Schaumburg vom 1. August 2009
bezüglich eine am gleichen Tag stattgefundenen Demonstration in Bad
Nenndorf (einschließlich teilweise gewalttätiger Aktivitäten von
Gegendemonstranten).
Anlage 11
Für Gericht und Gegner
Artikel aus WELT ONLINE vom 3. August 2009 bezüglich de am 1. August
2009 in Bad Nenndorf stattgefundenen Demonstration.
Sodann wird Stellung genommen zu der Schutzschrift des Gegners vom 24.
Juli 2009.
Gegners Schrift enthält in der Sache keine neuen Erkenntnise oder
Tatsachen, und seine Bewertungen sind als nicht sachgemäß
zurückzuweisen.
Indes liegen inzwischen neue Erkenntnisse vor, was Gegner fairerweise
insofern nicht angelastet werden kann, als ihm diese zum Zeitpunkt des
Erlasses seiner Verfügung noch nicht bekannt waren. Ich beziehe mich
hierbei auf die Ereignisse, die sich aus den Anlagen 10 und 11 ergeben,
sprich die am 1. August 2009 in Bad Nenndorf stattgefundene
Demonstration.
1. August 2009 Bad Nenndorf
Die Auswertung des Polizeiberichts (Presseberichts) sowie ergänzend dazu
des Artikels aus Welt Online ergibt folgende Umstände:
Etwa 730 Personen des rechten Spektrums wollten an der genannten
Demonstration in Bad Nenndorf teilnehmen. 130 von diesen wurde das
verwehrt; auf die Gründe wird später noch kurz einzugehen sein. 600
Personen haben an der Demonstration teilgenommen. Davon war ein großer
Teil sogenannte "Autonome Nationalisten". Diese originäre Demonstration
verlief friedlich.
Bedauerlicherweise wurden trotzdem 10 Polizeibeamte verletzt. Dies ist
aber den Gegendemonstranten anzulasten, nicht den Teilnehmern der
originären Demonstration. Der größere Teil dieser Beamten -- 7 Personen
--
wurde verletzt, als illegal eine mobile Feuerwehrsirene betätigt wurde.
Aus dem Artikel aus Welt Online ergibt sich, daß dies geschah, um Reden
zu stören. Mithin war der Täter kein originärer Demonstrant, sondern ein
Gegendemonstrant. Erstens haben die originären Demonstranten weder
Veranlassung bzw. Absicht noch Gelegenheit gehabt, Reden zu stören.
Zweitens hatten sie auch durch vorherige polizeiliche Durchsuchung keine
mobile Feuerwehrsirene bei sich. -- Auch wenn von den anderen drei
bedauerlicherweise verletzten Beamten nicht detailliert aufgeführt
worden ist, wie sie verletzt worden sind, ist davon auszugehen, daß dies
durch Gegendemonstranten geschehen ist.
Soweit es um die Zurückweisung von 130 präsumptiven bzw. dann
verhinderten Teilnehmern der originären Demonstration geht, ist der
Polizeibericht unkorrekt. Aus Teilnehmerkreisen ist mir bekannt, daß
zumindest ein Teil dieser Personen durchaus sowohl bereit gewesen wären,
sich von der Polizei durchsuchen zu lassen (sei es auf gefährliche
Gegenstände, sei es auf verfassungsfeindliche Symbole) als auch ihre
vorwiegend dunkle oder schwarze Oberkörperbekleidung gegen weiße
T-Shirts auszutauschen, daß aber letzteres deshalb nicht möglich war,
weil die Polizei sich nicht mit genügend T-Shirts bevorratet hatte.
Dies ist allerdings mitnichten ein Vorwurf in Richtung der Polizei
Nienburg/Schaumburg, denn dieser muß attestiert werden, daß sie sich
kreativ und innovativ etwas hat einfallen lassen, um möglichst vielen
Teilnahmewilligen auch die tatsächliche Möglichkeit zur Teilnahme zu
verschaffen. Daß dann der Zustrom von Teilnahmewilligen in schwarzer
oder dunkler Oberbekörperbekleidung zahlenstärker war, als vorher durch
Vorhalt einer entsprechenden Menge weißer T-Shirts kalkuliert, geht
natürlich nicht zu Lasten der Polizei.
Entscheidend für das hier anhängige Verfahren ist jedoch folgender
Umstand, der tatsächlich ein Umstand i.S.d. § 15 Abs. 1 VersG ist:
Es haben sich am 1. August 2009 in Bad Nenndorf 730 Teilnahmewillige
zusammengefunden, vondenen ein großer, nach den Berichten sogar
überwiegender (d.h. mehr als hälftiger) Anteil Autonome Nationalisten
gewesen sind, und daß von diesen 600 demonstrierten, ohne daß es
irgendwelche von Seiten der Demonstranten zu verantwortende
Zwischenfälle gegeben hat, die eine Störung der öffentlichen Sicherheit
oder auch nur Ordnung bewirkt hätten.
Wenn Gegner ungeachtet dieses aktuellsten Umstandes -- der eben eine
Erkenntnis ist und nicht eine bloße Vermutung -- weiterhin auf seiner
Verbotsverfügung besteht, bekennt Gegner damit, im handling
polizeilicher Lagen weniger kompetent oder auch einfallsreich und
innovativ zu sein als die Polizei Nienburg/Schaumburg. Dieses
Selbstzeugnis ist um so bemerkenswerter, als Gegner Polizei einer
Halbmillionenstadt ist, während die Polizei Nienburg/Schaumburg Polizei
einer ländlich bzw. kleinstädtisch strukturierten Region ist.
Zu "abstrusen Rechtstheorien":
§ 113 StGB (Widerstand gegen die Staatsgewalt) sagt in Absätzen III und
IV:
(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die
Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter
irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.
(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die
Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden,
so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs.
2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift
absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach
den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit
Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu
wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm
dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen
mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift
absehen.
§ 125 StGB (Landfriedensbruch) sagt in Absatz II:
(2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1, 2 bezeichneten Handlungen in § 113 mit
Strafe bedroht sind, gilt § 113 Abs. 3, 4 sinngemäß.
Das ist eine eindeutige Formulierung und mitnichten abstrus.
Abstrus ist, wenn Gegner auf Seite 4 seiner Schutzschrift von "gefühlter
rechtswidriger Behinderung" schreibt.
Zunächst einmal ist hier festzuhalten, daß Gegner in diesem Punkt in
eigener Sache -- mithin als Partei -- argumentiert, nämlich wegen des
Verfahrens, das Herr Deptolla gegen Gegner anhängig gemacht hat und über
das auch nach einer Verfahrensdauer von deutlich über zwei Jahren das
hier angerufene Gericht sich mißlicherweise noch nicht zu entscheiden
imstande gesehen hat.
Offenbar ging es Herrn Deptolla mit dieser Klage darum, eben dezediert
--
gerichtlich -- festzustellen, daß es sich nicht nur um "gefühlte"
rechtswidrige Behinderung gehandelt hat, sondern um tatsächlich
rechtswidrige Behinderung. Wäre Herr Deptolla davon nicht überzeugt
gewesen, hätte er sich die Mühen und den Aufwand einer Klage gespart und
nicht zuletzt auch die für einen Privatmann -- auch mit Unterstützung
einiger seiner Kameraden -- nicht gar so leicht zu tragenden
Gerichtskosten im Verwaltungsstreitverfahren.
Dabei muß Gegner vorgehalten werden, daß Gegner selbst dazu beigetragen
hat, daß Menschen wie Herr Deptolla seine Rechtswidrigkeiten durchaus
richtig "fühlen".
Gegner hat eine von mir im Herbst 2000 angemeldete Demonstration mit
Anordnung des Sofortvollzuges verboten; das Verbot wurde nach
Bestätigung durch das hier angerufene Gericht dann vom Obergericht außer
Vollzug gesetzt.
Weiterhin hat Gegner ungefähr Ende Januar 2006 eine in Dortmund
angemeldete Demonstration gegen § 130 StGB zunächst quasi "erlaubt"
(d.h. eine Anmeldebestätigung erlassen, die die nicht mögliche Erlaubnis
ersetzt), dann jedoch diese kurzfristig verboten, weil eine von mir
zeitgleich angemeldete Demonstration in Lüneburg nicht nur mit Anordnung
des Sofortvollzuges verboten wurde, sondern dieses Verbot zunächst vom
VG Lüneburg und dann vom Oberverwaltungsgericht des Landes Niedersachsen
bestätigt wurde, bis ich hiergegen eine Eilentscheidung des
Bundesverfassungsgerichts erwirkt habe. Aber auch dann hat Gegner in
Sachen der damaligen Dortmund-Demonstration (der Termin könnte hiesiger
Erinnerung nach der 28. Januar 2006 gewesen sein) nicht eingelenkt; auch
der damalige Anmelder in Dortmund mußte noch eine Eilentscheidung des
Bundesverfassungsgerichts gegen die ihn nicht entlastenden
Entscheidungen des hier angerufenen Gerichts und des
Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen erwirken.
Über einen Zeitraum von mehreren Jahren hinweg läßt sich also bei Gegner
für einen Mann wie Herrn Deptolla durchaus beobachten, daß Gegner nicht
notorisch, aber wiederholt rechtswidrig handelt und darin durch
Gerichte, schlimmstenfalls letztlich das Höchstgericht, gebremst werden
muß.
Das Vertrauen in die Rechtstreue des Gegners ist für einen Mann wie
Herrn Deptolla damit aus durchaus nachvollziehbaren und verständlichen
Gründen gering.
Also geht es um weit mehr als eine nur "gefühlte" rechtswidrige
Behinderung, soweit es die Ereignisse vom 1. Mai 2007 auf der
Rheinischen Straße in Dortmund betrifft.
Und was die hiesigen allgemeinen Ausführungen zur Zulässigkeit einfachen
Widerstandes gegen die Staatsgewalt und einfachen Landfriedensbruchs im
Falle rechtswidrigen Handelns der Staatsgewalt betrifft, so sind diese
schlicht und ergreifend durch den Text des Gesetzes gedeckt. Dagegen
anargumentieren zu wollen, setzt Gegner dem Verdacht aus, sich nicht an
Rechtsnormen halten zu wollen. Das ist bedenklich, weil Gegner als eine
Behörde -- namentlich eine, die über die Grundrechtsverwirklichung
anderer Menschen durch Anordnung des Sofortvollzuges sogar unter
Umständen ohne direkte gerichtliche Kontrolle entscheiden darf -- in
besonderem Maße zu Rechtstreue und behördliche Neutralität verpflichtet
ist.
Nochmals zum 1. Mai 2009 in Dortmund:
Den ausführlichen Ausführungen des Gegners über den damaligen Tag wird
nicht en detail entgegengetreten, weil die hiesigen
Ermittlungsmöglichkeiten sich mit denen des Gegners nicht messen können;
ich handele als Privatperson und nicht als Leiter einer Behörde, die
ungefähr dreitausend oder so Mitarbeiter hat.
Zu wiederholen ist aber, daß ungeachtet all der dramatisch klingenden
Ereignisse, die Gegner vorträgt, offenbar nur ein Beamter verletzt
worden ist; es ist bereits ausgedrückt worden, daß zwar auch das einer
zuviel ist, aber es relativiert Gegners Vortrag erheblich. Wenn eine so
große Zahl von Personen effektiv gewalttätig werden, ist mit erheblich
mehr als nur einem verletzten Beamten zu rechnen.
Soweit Gegner auf Seite 8 seines Schriftsatzes "davon ausgeht", daß es
zu einer bedeutend größeren Zahl an Anklagen wegen des 1. Mai 2009 in
Dortmund kommen wird, erfüllt "davon ausgehen" ebenfalls nicht die
Qualifikation, die für einen "Umstand" im Sinne von § 15 VersG nötig
ist. Es ist nämlich nur eine Vermutung.
Hiesigerseits ist jedoch dokumentiert worden, daß das erste Verfahren
bereits eingestellt ist.
Die hiesige Dokumentation ist umständehalber -- wegen der mangelnden
Ermittlungsmöglichkeiten des Klägers -- natürlich mitnichten
vollständig,
sondern allenfalls punktuell.
Allgemeine Ausführungen:
Hier liegt ein allerdings nur per e-mail ohne verifizierbaren Absender
abgeschicktes Schreiben an die Polizei Dortmund vor, dessen Inhalt ich
mir zu eigen mache, indem ich es in dem hier anhängigen Verfahren
vortrage.
Polizeipräsident
Herr Schulze
Polizeipräsidium Dortmund
Markgrafenstr. 102
44139 Dortmund
Dienst-/Fachaufsichtsbeschwerde gegen Polizeipräsident SChulze gem.
Art. 17 GG iVm. § 31 I BVerfGG
Sehr geehrter Herr Hans Schulze,
Sie haben eine für den 5.9. 2009 in Dortmund ordnungsgemäß
angemeldete Versammlung rechtswidrig verboten (Versammlungs-Motto:
"Gegen imperialistische Kriegstreiberei und Aggressionskriege",
Veranstalter Herr Worch).
Die von Ihnen genannten Gründe halten noch nicht mal annähernd der Rspr.
des BVerfGerichts zu Versammlungsverboten stand.
Das BVerfGericht und sämtliche Verwaltungsgerichte in Folge weisen immer
und immer wieder darauf hin, dass Versammlungsverbote nicht alleine
wegen Befürchtungen, Erwartungen, bloßer Vermutungen bezgl. des
Verhaltens der Teilnehmer oder negativer Vergangenheitserfahrungen mit
früheren ähnlichen Versammlungen verfügt werden dürfen.
Es ist aus versammlungsrechtlicher Sicht unzulässig, ein
Versammlungsverbot, d.h. ein Verbot einer aktuellen Versammlung mit
Verweis auf frühere Ereignisse, wie den Verlauf und das
Teilnehmerverhalten bei früheren vergleichbaren Versammlungen, zu
rechtfertigen. Dies ergibt sich schon alleine und eindeutig aus dem
Gesetzestext des § 15 I VersG, der auf die zum Zeitpunkt des
Verbotserlasses, also auf die gegenwärtig erkennbaren Umstände der
angemeldeten Versammlung, und nicht auf Umstände, Sachverhalte oder
Tatsachen bei früheren Versammlungen bzw. überhaupt nicht auf andere
fremde Ereignisse abstellt als die nach dem Gesetzeswortlaut in Betracht
stehende angemeldete aktuelle Versammlung. Letzteren fehlt es am
unmittelbaren (Gegenwarts-) Bezug zur angemeldeten Versammlung.
Von einem Polizeipräsidenten muß ein Minimum an Gesetzes- und
Sprachverständnis erwartet werden können.
Hierzu nochmals in Konkretisierung des § 15 I VersG lautet
BVerfGericht-Beschluß (BVerfGE 69, 315, Tz. 81) wie folgt:
"Die behördliche Eingriffsbefugnis wird zum anderen dadurch begrenzt,
daß Verbote und Auflösungen nur bei einer "unmittelbaren Gefährdung" der
öffentlichen Sicherheit oder Ordnung statthaft sind. Durch das
Erfordernis der Unmittelbarkeit werden die Eingriffsvoraussetzungen
stärker als im allgemeinen Polizeirecht eingeengt. Erforderlich ist im
konkreten Fall jeweils eine Gefahrenprognose. Diese enthält zwar stets
ein Wahrscheinlichkeitsurteil; dessen Grundlagen können und müssen aber
ausgewiesen werden. Demgemäß bestimmt das Gesetz, daß es auf
"erkennbaren Umständen" beruhen muß, also auf Tatsachen, Sachverhalten
und sonstigen Einzelheiten; bloßer Verdacht oder Vermutungen können
nicht ausreichen. Unter Berücksichtigung der grundlegenden Bedeutung der
Versammlungsfreiheit darf die Behörde insbesondere bei Erlaß eines
vorbeugenden Verbotes keine zu geringen Anforderungen an die
Gefahrenprognose stellen, zumal ihr bei irriger Einschätzung noch die
Möglichkeit einer späteren Auflösung verbleibt" <Zitatende BVerfG>.
Ein Versammlungsverbot darf ausschließlich zum Schutz der Grundrechte
Dritter oder sonstiger dem Versammlungsgrundrecht gleichrangiger
Verfassungsgüter unter strikter Wahrung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und nur bei einer unmittelbaren aus
erkennbaren tatsächlichen Umständen herleitbaren Gefährdung dieser
Rechtsgüter erfolgen. Dabei muß der Eintritt der Gefahr sofort und
nahezu mit Gewißheit zu erwarten sein (Gefahrenprognose; siehe
Brokdorf-Urteil 69,315, Leitsatz 2b auf Titelblatt).
Die mir vorliegende Verbotsbegründung enthält dem entgegen keine auf die
konkrete angemeldete Versammlung bezogenen Tatsachen, Sachverhalte und
sonstige Einzelheiten, die ein Verbot rechtfertigen könnten. Ein solch
konkreter Umstand i.S.d. VersG wäre bspw., wenn Tatsachen- Belege
vorliegen würden (bspw. Aufrufe), wonach böse Rechtsextreme (auch) den
5.Sept. 09 im Raum Dortmund nutzen wollten, um dort Gewalt oder andere
Straftaten auszuüben. Das ist nicht der Fall. Die Internetseiten der
nationalen Autonomen beinhalten keine konkreten Aufrufe, Ankündigungen,
Billigungen oder dgl. bezgl. von Gewaltausübung oder anderer Straftaten.
Es wird dort lediglich ein massives Auftreten oder Erscheinen im Sinne
der erlaubten Teilnahme bei Versammlungen zur Erreichung des
Versammlungsziels nachdrücklich gefordert, wobei noch nicht einmal ein
Aufruf zu Blockaden wie bei vergleichbaren linken Seiten zu finden ist.
Keinerlei konkrete Belege iS. oben genannter Unmittelbarkeit der Gefahr
werden angeführt, wonach der Veranstalter und sein Anhang
(Teilnehmer)Gewalttätigkeiten beabsichtigen oder ein solches Verhalten
anderer zumindest billigen werden oder mehr als eine Minderheit der
Teilnehmer sich gewalttätig verhält(BVerfGE 69, 315).
Eine schwarze Kleidung von einer Minderheit der Teilnehmer -
vergleichbar den Linksautonomen- ist hierfür kein Beleg, wie Sie selber
wissen. .
Die allgemein gehaltenen vergangenheitsbezogenen Feststellungen zu den
autonomen Nationalen (vergleichbar den linken Autonomen) und Vermutungen
hieraus, etwa, daß diese den 5.9..09 in Dortmund gewaltsam beherrschen
könnten, sind kein konkreter Tatsachenbeleg iS. oben genannter durch das
BVerfGericht definierter Unmittelbarkeit einer Gefahr in Bezug auf die
aktuell angemeldete Versammlung.
Insbesondere wird folgende nicht belegte Behauptung von Herrn Schulz
geäußert:
Es ist davon auszugehen, dass ein nicht unerheblicher Teil, wenn nicht
> sogar alle Demonstranten an Ihrer Versammlung in Erwartung und
> Bereitschaft teilnehmen, bei sich bietender Gelegenheit aus der
> Versammlung heraus gewalttätige Angriffe auf Polizeibeamte, auf
> Teilnehmer von Gegendemonstrationen sowie auch auf Unbeteiligte,
> wie der 01.05.2009 in Dortmund bewiesen hat, vorzunehmen.
> Die oben angeführten Gesichtspunkte ergeben ein Gesamtbild, aus
> dem deutlich wird, dass es bei Durchführung Ihrer angemeldeten
> Versammlung am 05. September 2009 mit an Sicherheit grenzender
> Wahrscheinlichkeit zu einer erheblichen Gefährdung der öffentlichen
> Sicherheit kommen wird.
Es ist bezeichnend, dass Herr Schulz auf bis in das Jahr 2004
zurückliegende Ereignisse in Zusammenhang mit den nationalen Autonomen
zurückgreifen muß, um Verbotsgründe zu konstruieren.
Die nur bloßen Hinweise auf gewalttätig verlaufende frühere
Versammlungen oder irgendwelche anderen Ereignisse, wie hier die
Ereignisse in Dortmund am 1.Mai 09 benannt, stellen keinen Verbotsgrund
dar. Das hat Herr Schulz auch schon selber verstanden und auch so
dargelegt und richtig angewendet, indem er die Gegenveranstaltungen
nämlich nicht verboten hat und damit in Widerspruch zu sich selber
tritt:
Ganz im Gegensatz zu den von ihm regelmäßig nicht verbotenen
(Gegen-)Versammlungen trotz erfahrungsgemäß und vorab erkennbar mit
Beteiligung linksautonomer Gewaltbereiter hat er die Versammlung am
5.9.09 wegen eines angeblichen nicht weiter von ihm konkretisierten
lediglich aufgrund von Vergangenheitsbetrachtungen konstruierten und
spekulierten Gewalthintergrunds verboten.
Die mir vorliegende Verbotsbegründung ist daher unglaubwürdig, zumal sie
zudem keine Angaben enthält, daß konkret und unmittelbar mit einer
gewalttätigen Minderheit zu rechnen ist geschweige denn die
verfassungsrechtlich gebotenen Angaben, warum Auflagen in solchem Fall
nicht ausreichen würden bzw. der Veranstalter dem nicht ausreichend
begegnen würde.
Dem Verbotsgrund liegt danach noch nicht einmal zugrunde, daß etwaig
bestimmte gewaltbereite Teilnehmer überhaupt erscheinen werden, d.h. ein
Erscheinen angekündigt haben geschweige denn, ob sie in einem solchen
Fall überhaupt Gewalt oder andere Straftaten angekündigt oder gebilligt
oder dazu aufgefordert haben.
Es handelt sich also nur um eine bloße Befürchtung, die ein Verbot
verfassungsrechtlich wieder nicht rechtfertigt.
Bloße abstrakte Verdachtsmomente und Vermutungen, es könne zu Straftaten
oder Gefährdungen kommen, reichen für sich allein aber nicht aus, so
ausdrücklich die einschlägigen Urteile nach dem BVerfG (siehe selber
dort).
Verbotsgründe nach § 1 II VersG liegen ebenfalls nicht vor, da es sich
bei dem Anmelder bzw. Veranstalter nicht um eine verbotene oder für
verfassungswidrig erklärte Partei oder Vereinigung handelt.
Ebenfalls liegen keine Verbotsgründe nach § 15 Abs. 2 VersG vor
(Gedenkstättennähe).
Die in den §§ 1 II, 15 VersG aufgeführten Verbotsgründe sind
abschließend; die Anwendung anderer Gesetze, inbes. des allg.
Polizeigesetzes, ist wegen der Vorrangstellung des VersG als Lex
Specialis insoweit ausgeschlossen. § 15 VersG (einschließlich seiner
Rspr.) geht der polizeilichen bzw. ordnungsrechtlichen Generalklausel
vor.
Einem hoch bezahlten Polizeipräsidenten muß zugemutet werden können, die
recht einfachen Rechtsgrundsätze zum Versammlungs- und Polizeirecht zu
kennen, zu verstehen und auch richtig anzuwenden. Auch einfaches
logisches Denken muß ihm zugemutet werden können. Sonst ist er fehl am
Platz.
Die Grundsätze des Versammlungsrechts sind ihm gut bekannt (etwa zur
unfriedlichen Versammlung, siehe Verbotsbegründung).
Wider besseres Wissen und vorsätzlich hat er gegen diese hier verstoßen.
Linke und rechte Versammlungen beurteilt er wie nach den Tatsachen
dargelegt bewusst unterschiedlich.
Ich beantrage daher dienstrechtliche Maßnahmen gegen Herrn Schulze als
Versammlungsbehördenleiter, da er ein Versammlungsverbot entweder wider
besseres Wissen der geltenden Rechtslage oder grob fahrlässig, ohne sich
über die geltende Rechtslage zu informieren, rechtswidrig verfügt hat,
bei erheblicher Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit
(Art. 8 GG) und Meinungsfreiheit (Art.5) der Versammlungsteilnehmer.
Insoweit liegt auch zweifellos ein persönliches fachliches
Fehlverhalten in der Sache selber vor, über das Beschwerde eingelegt
wird. Die Dienstausübung muß auch nach Maßgabe des Landesbeamtengesetzes
und der Landesverfassung in jeder Weise politisch und parteilich neutral
und ausschließlich sach- und rechtsbezogen sein, und darf nur nach
rechtsstaatlichen Grundsätzen erfolgen.
Bei Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat ein Amtsträger die
Gesetzes --und Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden
Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach
aufgrund vernünftiger Überlegungen seine Rechtsmeinung zu bilden (BGHZ
36,144,150). Die Beamten haben die ihnen obliegenden Pflichten, eine
Entscheidung nach der bestehenden Gesetzes --und Rechtslage zu treffen
und zweifelhafte Rechtsfragen unter Benutzung der ihnen zur Verfügung
stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft unter Beachtung der
einschlägigen Rechtsprechung und der Literatur zu prüfen und danach,
basierend auf vernünftigen Überlegungen, ihre Rechtsmeinung zu bilden.
Dem wurde hier nicht Rechnung getragen.
Es muß erwartet werden können, daß der zuständige verantwortliche
Sachentscheider die Rechtslage (Gesetze und Rspr.) zum Versammlungsrecht
nicht nur beherrscht, sondern auch dementsprechend unparteiisch und
rechtstreu anwendet, wie es auch das Beamtengesetz und die
Landesverfassung gebietet.
Die politische Gesinnung oder Weltanschauung der Versammlungsteilnehmer
oder Anmelder darf bei der behördlichen Beurteilung der Rechtmäßigkeit
einer Versammlung keine Rolle spielen. Ob eine Versammlung zu verbieten
ist oder nicht, hat sich nach den ausschließlich auf
Sicherheitsaspekten ausgerichteten gesetzlichen und höchstrichterlichen
Kriterien zu Versammlungsverboten zu richten.
Ich habe dem Anmelder die einschlägige Rechtslage, insbesondere die
mangelnde Unmittelbarkeit der in der Verbotsbegründung aufgeführten
Gründe und Vorfälle, mitgeteilt (siehe BVerfG-Urteile oben) und ihn
darum gebeten, darauf gestützt ein gerichtliches Vorgehen bis hin zum
BVerfGericht gegen das Verbot zu veranlassen.
Mit freundlichen Grüssen
(folgt Name)
(Versammlungsteilnehmer)
Den Ausführungen des Herrn (Name) -- von dem mir mißlicherweise trotz
Ermittlungsversuchen nicht bekannt ist, ob es sich um eine reale Person
oder ein Pseudonym handelt und ob dieses Schreiben -- Dienst- und
Fachaufsichtsbeschwerde -- wirklich abgepostet worden ist, schließe ich
mich vollinhaltlich an und übernehme sie für mich selbst, weil sie
schlicht und ergreifend richtig sind.
Wiederholung des Antrages auf mündliche Verhandlung pp:
Es wird noch einmal ausdrücklich wiederholt, daß mündliche Verhandlung
hiesigerseits unverzichtbar erscheint, und es wird noch einmal
ausdrücklich darauf verwiesen, daß hiesiger Auffassung nach das
erkennende Gericht auch im summarischen Verfahren im Lichte der
Amtsermittlungspflicht dazu verpflichtet ist, die in der Klagschrift
bzw. mit dem Aussetzungsantrag (=Antrag auf Herstellung der
aufschiebenden Wirkung der Klage) gestellten verfahrenslenkenden
Weisungen zu erlassen.
Der Antrag auf vorherige Akteneinsicht durch den Kläger /
Verfügungskläger (=Antragsteller) wird ausdrücklich noch einmal erneuert
bzw. wiederholt.
Als Kläger bzw. Verfügungskläger bzw. Antragsteller (Antrag auf
Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage):
Christian Worch
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